Via Gebennensis / Via Podiensis
Genève - Pamplona
Der Start meines persönlichen Jakobswegs erfolgte kurz nach der Jahrhundertwende. Auf einem der Pilgerwege, die durch die Schweiz führen, wanderte ich etappenweise von Konstanz bis nach Genf. Dies war logistisch kein Problem, konnte ich doch jeweils am Tagesziel der Wanderung in den Zug steigen und nach Hause fahren. Ab Genf wurden die Distanzen jedoch für Tageswanderungen zu gross. Eine längerfristige Planung wurde notwendig.
Es traf sich gut, dass sich bei mir infolge grosser Arbeitsbelastung ein Überzeitguthaben von drei Monaten angesammelt hatte. Diese quasi bereits vorgearbeitete Zeit wollte ich zwischen Anfang März und Ende Mai 2011 für die Fortsetzung des Jakobsweges einsetzen.
In diversen Unterlagen las
ich, dass die Via Gebennensis als eine der anspruchsvollsten Strecken gilt.
Wohl ist die Distanz von Genf nach Le Puy-en-Velay nur dreihundertfünfzig
Kilometer lang. Doch die Strecke besteht aus vielen Steigungen und Gefällen.
Aus diesem Grund sind die einzelnen Tagesetappen im Durchschnitt auf eine
Distanz von zweiundzwanzig Kilometern ausgelegt. Dieser Herausforderung wollte
ich mich im ersten Teil der Reise stellen. Mein Weg sollte mich anschliessend
über die Via Podiensis nach Pamplona führen.
In Le
Puy-en-Velay erreichte ich den absoluten Tiefpunkt auf meiner Pilgerreise. In
meinem Tagebuch habe ich ihn so beschreiben:
…. Jetzt fühle ich mich ausgelaugt. Ich frage mich, was die letzten zwei Wochen
gebracht haben und im Moment fallen mir nur der Nebel und das schlechte Wetter
ein. Meine Stimmung fällt unter den absoluten Nullpunkt. Wenn ich dazu noch
überlege, dass es bis Conques noch einmal zweihundert Kilometer sind, nach
Saint-Jean-Pied-de-Port
gar beinahe achthundert, schreit es in mir ¨Nein¨, ¨Nein¨
und nochmals ¨Nein¨! …...
Doch ich befand mich in Le Puy, einem intensiven Kraftort. Am nächsten Tag tankte ich, zum grossen Teil ganz unbewusst, unglaublich viel neue Energie und Kraft , so dass ich am dritten Tag mit einer unerschütterlichen Überzeugung, das Ziel zu erreichen,
weiterpilgern konnte.
Bis kurz von den
Pyrenäen traf ich nur auf vereinzelte Pilger, doch die Bevölkerung
in allen Departements waren so gastfreundlich und herzlich, dass ich mir, trotz
den langen einsamen Tagestouren, nie verloren vorgekommen bin. In der Gascogne,
es war Mitte April, traf ich auf immer mehr Pilger und mit manchen konnte ich
sehr interessante und angeregte Gespräche führen.
Nach gut sieben
Wochen überquerte ich noch die Pyrenäen und erreichte Pamplona, die erste
grössere Stadt in Spanien. Hier stellte ich sehr bald fest, dass ich in diesem
Land ohne Spanischkenntnisse nicht weit kommen würde. Dies, aber auch andere Gründe,
veranlassten mich, die Pilgertour nach Santiago hier zu unterbrechen und zuerst
einmal etwas Spanisch zu lernen. Zudem war ich mit so vielen Eindrücken
erfüllt, dass eine wohltuende Pause beim Verarbeiten dieser Pilgertour sehr
hilfreich war.